Schrauben aus
nichtrostenden Stählen
 
Allgemeines
 
Die Korrosionsbeständigkeit von Schrauben aus nichtrostenden Stählen beruht insbesondere auf den hohen, im Grundgitter gelösten Chromanteilen von mehr als 13 %. Hierdurch wird eine porenfreie Passivschicht an der Stahloberfläche gebildet, die einen Korrosionsangriff auf das Grundmetall verhindert. Je nach Anforderungen können neben Chrom weitere Elemente zulegiert werden, die die Wirkung des Chroms auf die Passivschichtbildung verstärken.

Das Zusammenwirken verschiedener Legierungselemente führt zu unterschiedlichen Gefügeausbildungen. Die Erhaltung der austenitischen Struktur bei Raumtemperatur bei den üblichen Fe-Cr-Ni-Legierungen beruht hauptsächlich auf dem Nickelanteil. Eine Vergrößerung des Ni-Gehalts bewirkt eine erhöhte Stabilität des Austenits.

Stahlgruppen
 
Nach DIN EN ISO 3506 werden nichtrostende Stähle in austenitische, martensitische und ferritische Stähle eingeteilt. Tabelle 1 zeigt die chemische Zusammensetzung für die Stähle der drei Stahlgruppen in einer Übersicht. Details können der Norm DIN EN ISO 3506-1 entnommen werden. Für Schrauben hat die Stahlgruppe der austenitischen Stähle die größte Bedeutung.
 
Austenitische Stähle
 
A2 ist die Sorte der nichtstabilisierten nichtrostenden, A4 die Sorte der nichtstabilisierten säurebeständigen Stähle. Die Sorten A3 (A2 stabilisiert) und A5 (A4 stabilisiert) sind zur Reduzierung der Gefährdung gegenüber interkristalliner Korrosion mit Titan, Niob oder Tantal stabilisiert. Die Stähle der Sorte A4 (A5) sind mit Molybdän legiert und besitzen im Vergleich zu den Stählen der Sorte A2 (A3) eine erheblich bessere Korrosionsbeständigkeit. Die Stahlsorte A1 (gute Zerspanbarkeit, aber gegenüber A2 oder A4 geringere Korrosionsbeständigkeit) findet kaum Anwendung.

Austenitische nichtrostende Stähle können nicht durch Martensitumwandlung gehärtet werden und sind üblicherweise nicht magnetisierbar. Ihre Festigkeitseigenschaften lassen sich ausschließlich durch gezielte Kaltumformung (Kaltverfestigung) beeinflussen. Um die Neigung zur Kaltverfestigung zu verringern, kann zu den in Tabelle 1 angegebenen Stahlsorten A1 bis A5 Kupfer zulegiert werden.

Bei Austeniten mit metastabiler Gefügestruktur ist je nach Umformgrad örtlich eine Umwandlung in einen martensitähnlichen Zustand (Umformmartensit) möglich, was neben einer erhöhten Magnetisierung die Korrosionsbeständigkeit beeinträchtigt. Legierungen mit höheren Cr- und Ni- Gehalten sind im wesentlichen stabil austenitisch.

Schrauben aus austenitischen Stählen sind nicht uneingeschränkt korrosionsbeständig gegenüber allen Angriffsmedien und Umgebungsbedingungen:
 
  • Bei Zugspannungen neigen Austenite in chloridhaltiger Umgebung (z. B. Schwimmbäder) und hochkonzentrierten Laugen bei höheren Temperaturen zu chloridinduzierter Spannungsrißkorrosion. Abhilfe: Zulegieren von Molybdän.

  • Eine Verarmung der Matrix an Chrom durch Korngrenzenausscheidungen chromreicher Karbide bei austenitischen Stählen oder chromreicher Nitride in stickstofflegierten ferritischen Chromstählen kann zu einer Anfälligkeit gegenüber interkristalliner Korrosion führen (Ursache: Langsames Abkühlen durch den Bereich der sogenannten Sensibilisierungstemperatur oder längere Schweißvorgänge).
    Abhilfe:
    - Lösungsglühen bei 1050 bis 1100° C und nachfolgendes Abschrecken,
    - Verminderung des Kohlenstoffgehalts (C < 0,03%),
    - Zusatz von Stabilisatoren wie Ti, Nb, Ta, die eine höhere Affinität zu Kohlenstoff haben   als   Chrom (Karbidbildner). Hierfür wurden speziell die Stähle der Klassen A3 (A2 stabilisiert) und
      A5 (A4 stabilisiert) nach DIN EN ISO 3506-1 (s.
    Tabelle 1) entwickelt.
     
In Deutschland werden heute für Schrauben aus Gründen der Sortenverminderung vorwiegend die folgenden nichtrostenden/säurebeständigen Stähle eingesetzt:

- X5CrNi 18-10,                 1.4301       (A2, nichtrostend)
- X3CrNiCu 18-9-4,            1.4567       (A2, nichtrostend, Cu zur Verbesserung der Kalt-                                                         umformbarkeit)
- X6CrNiTi 18-10,               1.4541      (A3, nichtrostend, Ti-stabilisiert)
- X5CrNiMo 17-12-2,          1.4401      (A4, säurebeständig)
- X6CrNiMoTi 17-12-2,        1.4571      (A5, säurebeständig, Ti-stabilisiert).

Die Stähle 1.4301 und 1.4567 der Werkstoffgruppe A2 sowie der Stahl 1.4401 der Werkstoffgruppe A4 sind aufgrund ihres niedrigen C-Gehalts, der Stahl 1.4541 der Werkstoffgruppe A3 sowie der Stahl 1.4571 der Werkstoffgruppe A5 durch Zugabe stabilisierender Elemente (hier: Titan (Ti)) weitgehend beständig gegen interkristalline Korrosion.

Der A2-Stahl 1.4301 (X5CrNi 18-10) findet heute für Schrauben immer weniger Verwendung, weil er nicht die Austenitstabilität aufweist wie der Stahl 1.4567 (X3CrNiCu 18-9-4), der sich zudem aufgrund des Kupferanteils besser kaltumformen läßt.
 
Stahlgruppe Sorte Chemische Zusammensetzung in Massen- %¹
C Si Mn P S Cr Mo Ni Cu
austenitisch A1 0,12 1,0 6,5 0,2 0,15-0,35 16-19 0,7 5,0-10,0 1,75-2,25
A2 0,1 1,0 2,0 0,05 0,03 15-20 8,0-19,0 4
A3² 0,08 1,0 2,0 0,045 0,03 17-19 9,0-12,0 1
A4 0,08 1,0 2,0 0,045 0,03 16-18,5 2,0-3,0 10,0-15,0 1
A5² 0,08 1,0 2,0 0,045 0,03 16-18,5 2,0-3,0 10,5-14 1
martensitisch C1 0,09-0,15 1,0 1,0 0,05 0,03 11,5-14 1
C3 0,17-0,25 1,0 1,0 0,04 0,03 16-18 1,5-2,5
C4 0,08-0,15 1,0 1,5 0,06 0,15-0,35 12,0-14,0 0,6 1
ferritisch F1 0,12 1,0 1,0 0,04 0,03 15-18 1
1:Maximalwerte, wenn nicht anders angegeben  2:stabilisiert mit Titan, Niob oder Tantal
Tabelle 1: Chemische Zusammensetzung nichtrostender Stähle der austenitischen,
martensitischen und ferritischen Stahlgruppen nach DIN EN ISO 3506-1 (Auszug)